Das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, in dem Lorenz Bahr seit 2022 als Staatssekretär verantwortlich ist, scheint auf den ersten Blick unübersichtlich zu sein. Doch schaut man genauer hin, greifen die Themenfelder ineinander und sind kaum voneinander zu trennen. Sie sind auch in Hamm der Kitt des gesellschaftlichen Zusammenhalts und werden für die ausgerufene "familienfreundlichste Stadt" ein immer wichtiger werdender Bestandteil des Handelns. Denn in Zeiten von größer werdenden Bedarfen und gleichzeitigem Fachkräftemangel muss besonders weitblickend und themenübergreifend hingeschaut werden.
Die Caritas Hamm hilft mit vielen ihrer Einrichtungen genau dort, wo es vermeintlich am schwierigsten ist. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Förderung und Unterstützung von benachteiligten Kindern und Jugendlichen, um ihnen Chancengerechtigkeit und Teilhabe in ihrer persönlichen Entwicklung zu ermöglichen. Staatssekretär Bahr machte sich gestern über die Arbeit verschiedener Angebote der Caritas direkt vor Ort ein Bild.
Margit Heile, zuständige Fachbereichsleiterin der Caritas Hamm, beschrieb die aktuelle Lage der Jugendwerkstatt schonungslos: "Die Schwierigkeiten sind nicht zu übersehen: Zu wenige Plätze für eine immer größere werdende Zielgruppe, die mit immer vielfältigeren Problemlagen belastet ist." 24 Plätze bietet derzeit die seit 45 Jahren bestehende Jugendwerkstatt der Caritas jungen Menschen. Gestartet als "Schulverweigererprojekt" steht bei den Teilnehmenden heute zunehmend der Erwerb eines Schulabschlusses im Fokus. Die Bewerbergruppe der oftmals mit schwerwiegenden, multiplen Problemlagen behafteten jungen Menschen ist allerdings ungleich größer und der fehlende Schulabschluss oftmals nur die Spitze des Eisbergs. "Die rechtlich geforderte Qualifikation der Mitarbeitenden steht in einem diametralen Widerspruch zu den mittlerweile tatsächlichen Anforderungen an das Personal der Jugendwerkstatt, so dass die Mitarbeitenden einer zunehmenden Belastung ausgesetzt sind," so Heile weiter.
Ähnliche Probleme sieht Fachbereichsleiterin Anne Krause-Kirchhoff für die Kitas und stellt zugleich die Zusammenhänge dar: "Die Weichen, die wir mit unserer Arbeit in unseren sieben Weltentdecker Kitas stellen, werden sich langfristig sicherlich auch auf die Quantität der Arbeit mit Jugendlichen auswirken." Es ginge eben nicht nur darum den Kindern, die oftmals sowieso schon einen schwierigeren Start haben, nur zu betreuen und zu beaufsichtigen, sondern diese gezielt zu unterstützen und zu fördern, damit die Hürden zu Schulbeginn nicht zu groß werden. Wünschenswert und zielführend wäre für die Arbeit mit den oft herausfordernden Kindern eine Absenkung des Gruppenschlüssels. Stellt man nur noch die Betreuungszeiten sicher, sinkt das Niveau und der Bildungsauftrag kann nicht aufrecht gehalten werden. "Wir sehen uns vordergründig nicht in der Sicherstellung der Vereinbarung von Familie und Beruf, sondern fühlen uns der Herstellung von Chancengleichheiten der Kinder verantwortlich. Doch die sehen wir zunehmend in Gefahr."
Auch in der Arbeit mit geflüchteten Menschen und Familien wünscht sich der Caritasverband eine verlässliche finanzielle Grundlage durch das Ministerium. Ähnlich wie bei der neuen gesetzlichen Regelung zum Kommunalen Integrationsmanagement, welches in Hamm unter maßgeblicher Beteiligung des Caritasverbandes etabliert wurde, bedarf es gerade auch in der landesgeförderten Flüchtlingsberatung dringend einer auskömmlichen Regelfinanzierung. Dieses Thema war bereits Anlass für einen Besuch im letzten Frühjahr durch die Ministerin Josefine Paul selbst, die den Verantwortlichen zusicherte, die Forderung mit in die Verhandlungen zu den neuen Förderbedingen 2025 zu nehmen. Der Caritasverband nutzte die Möglichkeit, Staatssekretär Lorenz Bahr nochmals auf die Dringlichkeit dieser Thematik aufmerksam zu machen.
Rund eineinhalb Stunden tauschten sich Staatssekretär, Caritas Vorstand Elmar Marx und die Caritas Fachbereichs- und Einrichtungsleitungen über den aktuellen Stand der Arbeit und die damit verbundenen Nöte und gegenseitigen Erwartungen aus. Den Abschluss des interessanten Nachmittags bildete ein Rundgang durch die neuen Räumlichkeiten der Jugendwerkstatt, die über Weihnachten notgedrungen kurzfristig umziehen musste. Die Erwartungen der beteiligten Caritas Mitarbeitenden waren im Vorfeld des Besuchs hoch. Lorenz Bahr zeigte sich von den herausfordernden Aufgaben und der geleisteten Arbeit beeindruckt und für die vorhandenen Problemlagen verständnisvoll. Die geschilderten Erfahrungen und Wünsche möchte der Staatssekretär noch einmal ins Ministerium mitnehmen und ggf. prüfen lassen.