Wer vor dem Eingang steht, schaut auf eine lebhaft-bunte Truppe. Die Tische voll mit buntem Garn. Sechs Frauen. Lachend. Sie halten Stricknadeln in der Hand. Masche um Masche entsteht. Mit dem Duft von Kaffee in der Nase schaut so mancher Besucher in der kleinen Eisdiele gebannt auf die flinken Finger der redseligen Strickerinnen.
Die Gruppe "Tante Inge strickt" trifft sich unter der Leitung von Monika Neuhaus, Quartiersentwicklerin der Caritas Hamm, bereits seit drei Jahren zum Stricken und Häkeln im Stadtteilzentrum am Bockelweg. Völlig normal scheint es in der Eisdiele, als die Frauen ihre gestrickten Werke herausholen. Keiner stört sich an dem Chaos von Garn auf den Tischen. Die Gruppe ist hier bekannt. Da die Eisdielen-Besitzerin Angela Di Vinti selbst Hobby-Strickerin ist, stellt sie der Gruppe einmal im Monat ihr Lokal für ein gemütliches Beisammensein zur Verfügung. Für Di Vinti eine besonders schöne Konstellation. Schließlich kann sie sich zwischendurch, wenn die Kundschaft es erlaubt, immer mal wieder mit den Strickdamen austauschen. So treffen sich die sechs Frauen im Wechsel - mal am Bockelweg, mal in der Eisdiele.
Normalerweise besteht die Strick-Truppe aus zehn Leuten im Alter von 60 bis 80 Jahren. Doch wie das so ist: Nicht immer kann jeder da sein. Die eine zieht um, die andere ist krank. Doch eins verbindet die Gruppe stets: gute Laune.
Tatkräftige Unterstützung bekommt Leiterin Monika Neuhaus von ihrer Namensvetterin Monika Goldhammer, die regelmäßig an den Gruppenaktivitäten teilnimmt. Sie ist die Ansprechpartnerin, wenn es irgendwo ein Problem beim Stricken gibt. Wenn mal was daneben geht, ist das kein Problem: "Monika rettet alles", sagt Neuhaus mit einem Schmunzeln im Gesicht. So gibt der Strick-Profi nicht nur wertvolle Tipps, sondern legt auch gerne selbst Hand an, um etwas zu korrigieren. Da wird das eigene Projekt auch mal zur Seite gelegt.
Wieso das Angebot nicht nur etwas für ältere Semester ist? Mode interessiere schließlich auch junge Leute, sagen die Strickerinnen. Die Gruppe "Tante Inge strickt" könne gerade auch etwas für junge Leute sein, die mit dem Stricken anfangen möchten, betont Neuhaus. "In den letzten Jahren ist das Stricken, Nähen, Häkeln oder auch die Handarbeit überhaupt wieder modern geworden", sagte sie. Gut möglich, dass dies der Corona-Zeit "geschuldet" sei, wo viele andere Unternehmungen auf der Strecke blieben. Wer sich für handgemachte Mode interessiere, sei bei der Strick-Truppe genau richtig. Eine Schneiderin sei in der Gruppe auch dabei.
Was die Heessener Strickdamen auszeichnet, ist der ausgeprägte Zusammenhalt. Hier kann jeder was vom anderen lernen. Die Jüngeren profitieren von der Expertise der älteren Generation. So auch Petra Goltsche. Sie ist eine der jüngeren Teilnehmerinnen und lernt gerade erst das Stricken. Dabei schwärmt sie von der "lieben Unterstützung" der Gruppe. Genäht wird eine Strickjacke aus Seide.
Für einen besonderen Lacher sorgt Goltsches Erkenntnis: "Das Projekt Strickjacke scheint doch nicht so leicht wie gedacht." Goltsche gibt sich allergrößte Mühe mit ihrem Rückenteil. Volle Konzentration weicht jedoch schnell purer Verzweiflung. Gut, dass Monika Goldhammer vor Ort ist, um zu helfen. Immerhin strickt sie schon seit knapp 50 Jahren. Auch längere Pausen machen ihr nichts aus. Stricken sei wie Fahrradfahren: Man verlernt es nicht!
Petra Goltsche erklärt, wie sie zum Stricken gekommen ist: durch ihre Schwiegermutter. Diese wohne allerdings weiter weg, wodurch Petra es dann selbst lernen wollte. "Das Schöne am Stricken ist, dass ich neben der Beschäftigung am Ende noch etwas erstellt habe, das ich anziehen kann." Stricken sei demnach nicht nur Entspannung und Beschäftigung. Seine eigene Kleidung mit viel Spaß herzustellen, das hat auch eine praktische Seite. (WA Lisa Pudwell)
Info
"Tante Inge strickt" ist ein kostenloses Angebot der Quartiersarbeit der Caritas Hamm. Die Gruppe trifft sich jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat jeweils von 15 bis 17 Uhr entweder am Stadtteilzentrum Bockelweg oder in der Eisdiele "Di Vinti" am Heessener Markt. Ansprechpartnerin ist Monika Neuhaus, Telefon 0174/9326228, E-Mail: neuhaus@caritas-hamm.de.