Die Caritas Hamm hat 2017 die Hammer Palliativtage ins Leben gerufen, um auf die Versorgung Sterbender aufmerksam zu machen. Außerdem sollen die Tage dabei helfen, dass Akteure sich vernetzen und sich fortbilden können.
Bei den vierten Hammer Palliativtagen ging es am Mittwoch und Donnerstag unter anderem um die kultursensible Pflege und Behandlung am Lebensende und die Frage, was die Seele am Ende des Lebens braucht. Rund 60 Teilnehmer besuchten im Gemeindehaus der Christuskirche in verschiedenen Gruppen Vorträge zur Palliativmedizin.
Die Palliativtage waren im vergangenen Jahr ausgefallen. In der Coronapandemie hätten sich die Teilnehmer kaum miteinander austauschen können, sagt Martina Spielhoff. Sie hat die Palliativtage gemeinsam mit Manuela Polowy organisiert. "Nun war der Austausch wieder da", sagt sie. Das Programm sei sehr dicht gewesen, die Vorträge sehr informativ. Teilgenommen hatten neben Vertretern von Pflegeheimen auch Mitarbeiter des Hospizes und einige Ehrenamtler.
Bei der Arbeit in der Palliativmedizin im Pflegeheim mussten kaum Einschnitte hingenommen werden, erzählt Spielhoff. Polowy und sie arbeiten im Pflegeheim St. Vinzenz-Vorsterhausen. "Am Anfang war es nicht einfach", erinnert sich Spielhoff. Schließlich sorgte die Corona-Pandemie für erhebliche Einschränkungen. Viele Aspekte der palliativen Versorgung konnten nicht mehr so durchgeführt werden wie zuvor. Doch, so Spielhoff weiter, "sind wir froh, dass wir die Betreuung so gut gestalten konnten, wie es uns möglich war". So durften in ihrem Pflegeheim immer noch Angehörige zu den Patienten, wenn auch weniger Menschen auf einmal als zuvor.
Die Arbeit war zwar mit hohen bürokratischen Hürden verbunden. Das sei es aber wert gewesen, denn: "Im Mittelpunkt steht bei uns immer der Mensch", sagt Polowy. Zudem sei es bei der Organisation der Palliativmedizinischen Versorgung hilfreich gewesen, dass sowohl die zu pflegenden Personen als auch die Angehörigen schon früh geimpft wurden. Das habe die Handhabung deutlich erleichtert.
Die anfänglichen Einschränkungen, wie das nur ein Angehöriger gleichzeitig die Bewohner des Altenheimes besuchen durfte, kämen jetzt nicht mehr zum Tragen, so Spielhoff. So kann sich das Pflegepersonal wieder voll und ganz den Bewohnern des Heimes und ihren Angehörigen widmen. Denn auch darum geht es bei der Palliativmedizin: Für die da zu sein, die von dem Verlust am meisten betroffen sind. (WA/Paschedag)
Die Mitorganisatorin der Palliativtage Frau Monika Buchmann, Seelsorgerin im Altenheim St. Vinzenz-Vorsterhausen gestaltete zusammen mit Frau Spielhoff den Nachmittag des zweiten Tages. In der ersten Hälfte, im Workshop "Wohlfühlschatulle", konnten die Teilnehmenden ihre persönliche Kiste packen mit Dingen und Werten, die ihnen wichtig sind. Dafür erhielten sie zu Beginn der Palliativtage einen Brief mit genauer Anleitung:
Sehr geehrte Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den 4. Palliativtagen in Hamm,
"Jeder Jeck ist anders", so sagt man im Rheinland.
Hier, am östlichsten Zipfel des Ruhrgebietes könnte der Satz vielleicht lauten: "Jeden is auf seine Art bekloppt" (lieb gemeint).
Wie oft sagen wir, wie gut es ist, dass wir alle unterschiedlich sind? Ja, jede und jeder von uns hat in ihrem/seinem Leben unterschiedliche Vorlieben entwickelt, sei es bei der morgendlichen Aufstehroutine, beim Essen und bei der Auswahl von Freund*innen und Lebenspartner*innen.
Wie wichtig ist es da, dass andere wissen, was mir guttut, was ich gerne mag, was mich zufrieden macht und was mir in unterschiedlichen Situationen hilft.
Schon oft haben wir bei uns im Seniorenheim erlebt, das Menschen direkt aus dem Krankenhaus zu uns kommen und selbst nicht mehr direkt aussuchen können, was ihnen wichtig ist und dass sie gerne mit in ihr Zimmer nehmen möchten. Da entsteht dann langanhaltende Traurigkeit, selbst wenn diese Menschen vorher gefragt worden sind. Wir müssen Dinge mit den eigenen Augen in den Blick nehmen können, um dann zu entscheiden, was mitkommt. Selbst der liebste und fürsorglichste Angehörige kann da auf dem Holzweg sein.
Um dieses Gefühl erst gar nicht entstehen zu lassen, wollen wir Sie bitten, am Nachmittag des Zweiten Tages der Palliativtage eine Wohlfühlschatulle zu bestücken, Ihre Wohlfühlschatulle.
Überlegen Sie doch bitte, was Ihnen so wichtig wäre, dass Sie es auch in den letzten Wochen Ihres Lebens nicht missen wollen, oder dass den Menschen, die Sie womöglich pflegen, eine Hilfe ist, Ihnen etwas Gutes zu tun.
Von Gegenständen, die sehr groß sind und nicht in die vorgesehenen Kisten (etwas mehr als die Hälfte einer Umzugskiste) passen, können Sie ein Foto mitbringen oder einfach die Bezeichnung aufschreiben.
Neben der Wohlfühlschatulle durften die Teilnehmenden ein Wohlfühlgedicht nach einem vorgegebenen Muster schreiben.
Hier entstanden schöne Gedichte, von denen uns einige zur Veröffentlichung auf dieser Internetseite der Caritas zur Verfügung gestellt wurden.
Mein Leben war schön
Ich habe viel Freude erlebt
Und nun mein Leben gelebt
Das Leben war schön
Meine Ziele habe ich erreicht
Und mein Ende begleicht.
Das Leben war schön
Und meins nun versöhnt.
Das Leben war schön.
Ein Leben ohne Musik? Unvorstellbar!
Ein Leben ohne Gedichte? Unvorstellbar!
Ein Leben ohne Bücher? Unvorstellbar!
Ich kann nicht ohne Musik.
Und manchmal kann ich nicht ohne Kuchen.
Oder soll ich sagen: oft?
Mein mir selbstgesagtes NEIN hat keine Kraft.
Ein Leben ohne Musik,
ohne Gedichte,
ohne Bücher,
und ohne Kuchen,
das ist für mich unvorstellbar.
Liebe umgibt mich, es ist die Liebe, die mich umgibt.
So eine Familie macht mich glücklich.
Und so lebe die Freiheit, denn sie ist wahrhaftig.
Liebe umgibt mich, es ist die Liebe, die mich umgibt.
Und wir lachen, als gäbe es kein Morgen.
Aber natürlich braucht es Harmonie.
Liebe umgibt mich, es ist die Liebe, die mich umgibt.
Und so lebe die Freiheit, denn sie ist wahrhaftig.
Bei der abschließenden Meditation zum Thema "Das letzte Hemd" zeigte Monika Buchmann ein Bild von der Künstlerin Brigitte Messmer und spann den "Lebensfaden" über die Bestattungsrituale verschiedener Kulturen. Frau Maria Hagenschneider las ein bewegendes Gedicht über die Zeit und ihre Gedanken, in der sie ihren Mann im Hospiz begleitete.
Strickwerk
Mein Leben ist wie ein Strickwerk. Ich stricke mein Leben lang jeden Tag ein Stück weiter.
Manchmal kostet es viel Kraft und Mühe meinen Lebensfaden jeden Tag neu aufzunehmen. Öfter als mir lieb ist lasse ich eine Masche fallen und zurück bleiben Löcher und ein unvollständiges Muster. Manchmal reißt der Faden und es hilft nur ein Knoten.
Es bleibt mir verborgen, wie viel Lebensfaden ich noch zu verstricken habe. Aber ich habe die Nadeln in der Hand und bestimme das Material. Nur aufribbeln kann ich nichts, auch nicht ein kleines, winziges Stück.
Aber wie es auch geworden sein mag, das Strickwerk meines Lebens, in Gottes Augen ist es einmalig und kostbar. Unter seinem liebevollen Blick lösen sich Knoten und Verdrehungen, wird Fehlendes ergänzt, und Laufmaschen verwandeln sich in Muster. (Verfasser unbekannt)