Heute hilft die 44-Jährige als ehrenamtliche Sprachmittlerin und Mentorin bei der Caritas Hamm geflüchteten Familien, sich im deutschen Alltag zurechtzufinden.
Wie schwer es ihr zunächst fiel, in Deutschland Fuß zufassen, daran erinnert sie sich noch lebhaft. "Ich war total verloren", sagt Sarah Zaidi rückblickend. Sie lebte lange in kommunalen Unterkünften, teilte sich Bad und Küche mit anderen. Es dauerte Jahre, bis ihr Asylantrag anerkannt wurde. In Nablus hatte sie als junge Frau mehrere Semester studiert. Doch ihre Zeugnisse und Bildungsabschlüsse wurden nicht anerkannt. Auf dem zweiten Bildungsweg holte sie 2011 - inzwischen Mutter von drei Kindern - den Mittleren Schulabschluss bei der VHS Hamm nach.
Die Flüchtlingskrise ab 2015 nahm Sarah Zaidi mit anderen Augen wahr als viele andere Menschen um sie herum. Sie erkannte ihre einstige Heimatlosigkeit in den Gesichtern zahlreicher Flüchtlinge wieder. "Im Bus und in der Stadt traf ich immer viele verlorene Leute", erzählt sie. "Sie hatten viele Fragen." So manches Mal konnte die sprachbegabte und einfühlsame Frau spontan Antworten geben und damit weiterhelfen. Um ihre Unterstützung gezielt anbieten zu können, recherchierte sie im Internet und stieß dabei auf das Ehrenamt bei der Hammer Caritas.
Weit mehr als reine Übersetzung
Sarah Zaidi, die neben ihrer Muttersprache Arabisch auch fit ist in Englisch, Französisch, Russisch, Niederländisch und Deutsch, fungiert nicht nur als sprachliche Mittlerin. Sie übersetzt auch kulturelle Gepflogenheiten. "Nur eine wörtliche Übersetzung hilft oft nicht weiter", berichtet sie. "Um es richtig rüber zubringen, muss man beide Kulturen kennen."
Jobcenter, Ausländeramt, Arztbesuche - der Alltag in Deutschland erscheint so manchem Zuwanderer zunächst einmal undurchschaubar. Die ehrenamtliche Mentorin begleitet die - zumeist syrischen und irakischen - Familien dabei, sich zu orientieren und zurechtzufinden. "Ich habe viel erlebt", sagt sie. "Ich weiß, wie die Leute sich fühlen. Der Papierkram und die Bürokratie überfordern viele von ihnen." Koordiniert werden die Kontakte über die Caritas Hamm.
Für die gebürtige Palästinenserin ist es eine Herzensangelegenheit, den Geflüchteten mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Sie hilft dabei, Anträge zu stellen, begleitet zu Ämtern, zum Arzt oder in Kitas und Schulen. Dabei unterstützt sie, wo sie nur kann: Ob es nun darum geht, wie Medikamente einzunehmen sind oder das deutsche Schul- und Bildungssystem zu erklären ist. "Ich versuche, die Unterschiede zu erläutern", verdeutlicht sie ihr Anliegen, den Geflüchteten das Ankommen und die Integration zu erleichtern. "In Arabien gibt es nicht so viel Papierkram wie hier. Briefe und Unterlagen gut aufzubewahren, ist vielen deshalb fremd."
Sarah Zaidi packt Probleme engagiert beim Schopfe und entwickelt Lösungen. Mit ihrer ruhigen und zugewandten Art wirkt sie vermittelnd und ausgleichend. Sie besucht "ihre" Familien meist zweimal wöchentlich, erkundigt sich, wie es im Alltag läuft, ob es Probleme gibt. Manchmal sind es banal anmutende Dinge, um die sie sich kümmert. So etwa erläutert sie zur kühlen Jahreszeit, wie man eine Wohnung richtig heizt, um horrende Nebenkostenabrechnungen zu vermeiden. "Es ist alles neu für die Menschen", sagt sie. "Es braucht viel Zeit, um die Dinge zu erklären."
Für ihr ehrenamtliches Engagement erntet die Sprachmittlerin und Mentorin viel Lob und Dank. Die Arbeit hat auch ihr ein eigenes Selbstbewusstsein gestärkt. Demnächst möchte sie sich als Hochzeitsplanerin für arabische Hochzeiten selbstständig machen. "Ich habe meinen Weg gefunden", sagt Sarah Zaidi heute. Ihre drei Töchter sind voll integriert. Die beiden Älteren studieren. Die Jüngste besucht die sechste Klasse des Gymnasiums. "Meine schönsten Erinnerungen verdanke ich Deutschland. Heimat ist da, wo ich lebe."
Weitere Infos zu den Möglichkeiten eines ehrenamtlichen Einsatzes in der Flüchtlingshilfe: